Entdecke das Geheimnis deiner kreativen Gehirnhälfte
Meine Welt ist seit meiner Kindheit »jenseits der Logik«. Nur habe ich das in dieser logischen Welt lange nicht erkannt. Ich möchte dir heute ein Türchen in meine Vergangenheit aufmachen. Ich wurde am 21. September 1968 geboren und wohnte bis 1982 in Zürich-Altstetten.
Als ich sieben Jahre alt war fand man heraus, dass mein linkes Auge nie richtig sehen gelernt hatte. Ich konnte mit meinem linken Auge nicht fokussieren und beispielsweise Buchstaben oder Gegenstände nicht ins Zentrum rücken. Das hat nichts mit der Sehschärfe zu tun. Es heißt, dass ich mit dem linken Auge nicht lesen konnte und auch heute nicht kann. Ich kompensierte dies mit dem rechten Auge, welches zum Glück sehr gut sah. Die Ärzte versuchten, das linke Auge »zu retten«. 1976, mit acht Jahren, klebten sie mir hierfür ein halbes Jahr lang ein Pflaster über das rechte, gesunde Auge. Die Idee dahinter war einfach: Das linke Auge würde auf diese Weise lernen zu sehen und würde damit „gerettet“ werden.
Hätten die Ärzte damals schon gewusst, dass diese Methode nur bis zum Alter von drei Jahren möglich und fruchtbar ist, hätten sie diese Behandlung mit Sicherheit nicht durchgeführt. Warum? Leg deine Hand über das rechte Auge, sodass es nichts sieht. Schau dich im Raum um. Du wirst schnell feststellen, dass du zwar noch alles sehen kannst, dennoch wird das Sehen und Lesen dich irgendwann anstrengen und ermüden. Du brauchst länger, um etwas zu erfassen und kannst auch nicht in 3D sehen.
Deine Raumorientierung wird sich verändern. Ausserdem wirst du für Detailarbeit wie Schreiben oder Lesen länger brauchen, vor allem wenn du müde bist. Schreibfehler können zunehmen. Wir alle wissen, dass bei einem blinden Menschen die anderen Sinne ausgeprägter sind. Nun, blind bin ich glücklicherweise nicht, doch das Hirn wird durch das Sehen gesteuert. Wissenschaftlich gesehen wissen wir nicht, welche Auswirkung es auf mein Gehirn gehabt hatte, dass mein Auge so lange abgedeckt war. Was wir jedoch heute aus der Hirnforschung wissen ist, dass bei einem siebenjährigen Kind das vorausschauende Gedächtnis gebildet wird.
Dazu entwickelt sich ab dem achten Lebensjahr das räumliche Denken auf starke Weise. Wird einem Kind zu dieser Zeit das rechte Auge abgeklebt, hat das einen starken Einfluss auf die Entwicklung des Hirns. Wie ich in meinem Leben nun herausgefunden habe, kompensiere ich überdurchschnittlich viel über die rechte Hirnhälfte und über das Herz. Das heißt, ich spüre zum Beispiel in einem Raum alle Energien, ich mache sozusagen mit geschlossenen Augen einen Rundumblick.
Somit »sehe« ich auch, was hinter meinem Rücken geschieht. Die Sensorik für das Bildliche, Emotionale und Räumliche funktioniert sehr stark. So ergab es vor lauter »Auge retten wollen« eine Förderung der Unlogik – jenseits der Logik. Doch ich bin wohl nicht der Einzige. Menschen, die über die linke Hirnhälfte wahrnehmen, sehen und hören nur Wörter. Um dir nahezubringen, wie meine Welt über meine rechte Hirnhälfte funktioniert, hier ein Beispiel: Was löst folgender Satz bei dir aus? Ein Pferd springt über eine Mauer.
Ich lege alles über Bilder ab. Schauen wir uns den Satz und was er in mir auslöst, im Detail an:
Ein = kein Bild Pferd = Bild = braunes Pferd springt = braunes Pferd ist in der Luft und springt.
Am Boden hat es eine grüne Wiese. über = das braune Pferd ist in der Luft und es muss unter dem Pferd etwas sein. Der Himmel ist übrigens blau, wolkenfrei. eine = kein Bild Mauer = das braune schöne Pferd mit weißen Punkten, hat die Vorderbeine angehoben und springt mit ca. 30 Zentimetern Abstand über eine graue englische Steinmauer. Die Steine der Mauer sind rund und wurden von Hand festgemacht. Wie es dem Pferd wohl geht? Ich denke, es geht ihm gut.
In der Schule würden sich die Lehrer bei diesem Satz wohl auf die Logik fokussieren und diesen Satz daraufhin betrachten, ob er korrekt geschrieben wurde. Ich dagegen kann solche Sätze oft nur sinngemäß wiedergeben. Gut möglich, dass ich diesen so wiederholen würde: »Ein braunes glückliches Pferd hüpft über eine graue Steinmauer.« Aus Untersuchungen über Legasthenie wissen wir heute, dass Schreibschwächen nichts mit der Intelligenz eines Menschen zu tun haben.
Im Gegenteil: Die kreative rechte Gehirnhälfte ist weit mehr ausgeprägt als bei logisch denkenden Menschen.
Ob das Empathische, das Spüren von Gefühlen bei anderen Menschen auch daher kommt, kann ich nicht sagen. Ich weiß, dass viele Menschen spüren, wenn jemand lügt, Stress oder Angst hat. Doch kannst du dir auch vorstellen, Körper regelrecht zu scannen? Ich brauchte selbst viele Jahre, bis ich endlich wusste, was ich da an anderen Menschen sehe. Zu Beginn bemerkte ich, wenn ich einen Menschen genau ansah, dass gewisse Stellen im Körper dunkler oder heller waren. Ich fand heraus, dass helle Stellen oft Blockaden oder Schmerzen symbolisierten.
Ich erinnere mich gut, als ich meine Frau umarmte und ihr mit der rechten Hand den Rücken entlang fuhr. Als hätte meine Hand ein Auge, blieb sie plötzlich an einem weißen Punkt stehen. Deutlich sah ich eine Verspannung. Ich drückte mit dem Mittelfinger auf diese Stelle und meine Frau gab ein lautes »Aua« von sich. Und ich sagte: »Yes!« Und musste vor Freude lachen. Dieses Scannen baute ich immer mehr aus; jeder kann dies mit etwas Übung selbst ausprobieren. Später entwickelte sich zusätzlich das Seelenlesen. Es ist, als wüsstest du die Gedanken von anderen Menschen einzuatmen oder könntest sie in Bildern sehen. Seelenlesen ist eine Königsdisziplin, es braucht große Konzentration. Dabei darf ich selbst nichts denken, muss mich ganz zurücknehmen.
Als Kind verbrannte ich oft meine inneren Schreckensbilder. Wenn ich Angst hatte oder einen Gedanken, der durch mein Hirn kreiste, nicht mehr wollte, dann benützte ich dazu meine Fantasie. Innere Angst-Filme, ungewollte Gedanken, ließ ich in einem mentalen Standbild anhalten oder ich fror das Bild einfach ein. Ich rahmte dieses Bild mit einem schönen goldenen Holzrahmen und zündete es von unten her an. Schwuppdiwupp, war die Angst weg. So simpel. Später im Leben hörte ich, dass Therapeuten ihren Patienten dieses Verfahren auch mitgeben, zum Beispiel, um gewisse Ängste zum Verschwinden zu bringen. Was lernen wir daraus? Dass Standbilder zum einen eine reduzierte Kraft haben, und bewegte innere Fantasiebilder eine stärkere.
Wenn du also visualisierst ist es wichtig, dass du deine inneren Bilder bewegst, das hat eine stärkere Kraft.
Sobald du freudig mitten im Geschehen bist, dann hat dies die stärkste Kraft.
Wenn du es wiederholst, dann wiederholst du diese Kraft und baust diese schrittweise auf.
Jenseits der Logik-Tipp: Such dir eine Stresssituation in deinem Leben.
Halte dein inneres Bild an und verbrenne es, wie vorher beschrieben.
Mehr über dieses Thema findest Du in meinem Buch: „Jenseits der Logik“: www.brunoerni.com/produkt-kategorie/buecher